34 - 37, Macbook weg, Regen, Cross Winds, Barrios
Kennt ihr das, dass ihr manchmal Raeume unterschiedlich versteht, von der Optik (natuerlich ohne, dass sich die Moebel o. ae. veraendern)? Die ersten Tage/Wochen/Monate verstehst du den Raum so, hast ein bestimmtes „Bild“ im Kopf, und dann aendert sich dieses Verstaendnis des Raumes/Bildes? Z. B. wenn du eine Wohnung besichtigst und dann die Aenderung, wenn du einziehst? Komisch, ne?

Diese Woche beginnt froehlich mit der Erkenntnis, dass das Macbook eines Bruders gestohlen sein muss. Zuerst dachten wir, jemand haette ihn scherzhafterweise deplaziert, aber dann rekonstruieren wir wie der pfiffige Dieb handelte: Er brach das Fenster auf, angelte sich mit einem selbst praeparierten Besen die Laptoptasche, die dummerweise auf dem Kuechentisch exponiert war, und zog sie durch das Gitter ins Freie. Auf den Aufzeichnungen der Kameras, die infolge solcher wiederholt vorgekommener Geschehnisse angebracht wurden, bringen nicht sehr viel Aufschluss, auch weil es diese Nacht geregnet hat. Es war das erste Mal, dass der Laptop fuer die Nacht dort plaziert wurde und uns wird eines klar: Wir werden von den Einheimischen mit Argusaugen beobachtet. Die Leute wissen, das in diesem Wohnkomplex der Fokolar-Bewegung immer wieder „reiche“ Europaeer hausen. Im gleichen Zuge wurde ein Laptop aus dem Nachbarhaus entwendet.
Nachdem ich dieses Mal die Lesung in der Messe gehalten habe, verbringen wir diesen orange day bei den Externen.
Diese Woche regnet es sehr stark; es ist wohl jetzt, dass die Flutungen in Manila ihren Anfang nehmen, von denen wir im hoeher liegenden Tagaytay verschont bleiben. Allerdings passiert es leicht, dass die Schuhe beim einminuetigen Marsch zur Arbeit durchnaesst werden, weshalb die Flip-Flops zu empfehlen sind. Es ist nicht unueblich, dass in den Philippinen aufgrund solcher Wetterverhaeltnisse ein Tag als arbeitsfrei deklariert wird. So auch diesen Dienstag und Mittwoch. Deshalb wuselt z. B. ein Gen aus Tagaytay, der Lehrer ist, bei uns in Pag-asa herum – wo zumindest wir Gen trotzdem hingehen.
Mittwochabend veranstalten wir bei uns im Gen-Haus eine kleine Feier, zu der die Fokolare kommen. Einer bringt eine Lindt-Schokoladentafel mit! Vorm Schlafengehen krallen wir uns noch eine Maus.
Dieser Donnerstag ist ein besonderer Tag, mit schoenen, interessanten, neuen und spannenden Ereignissen. Es faengt an mit dem Fruehstueck: Die angeblichen „Hot Dogs“ (Bockwurst) sind nicht aus Fleisch, sondern aus Teig gemacht. Ja, fuer die Hersteller ist das billiger ... In der Mittagspause geniesse ich die Sonne, die mal wieder vorbeischaut ... schoen warm. Diesen Nachmittag geht es mit Pag-asa fuer mich das erste Mal in die „Barrios“, wo die Armen wohnen. Doch zuerst nach „Cross Winds“, ein umzaeuntes Gebiet, eine eigene kleine Stadt. Wir fahren dort mit einem Pick Up hin, wir hinten auf der Ladeflaeche, auf der Kante sitzend. Zuerst bin ich etwas besorgt, aber dann kann ich die Fahrt auch geniessen. Wir besuchen „Cross Winds“, eine Luxuswohnsiedlung, nur, um mal einen Einblick zu erhalten. Wir gehen zu einem alten Mann, der ein Problem mit seinem Fuss hat, und dann besuchen wir eine Villa, in der der Mann einer Angestellten von Pag-asa arbeitet. Das Wohnzimmer ist echt der Hammer!



Unglaublich gross und Luxus pur. Teure Moebel, grosser Flachbildschirm, grosse Kueche, Kamin ... Ich beginne zu verstehen, was das fuer Leute sind, die hier wohnen. Dabei sind die meisten Haeuser/Villen im Moment leer, da die Bewohner nur zu Ferienzeiten oder mal fuer ein Wochenende kommen. Danach fahren wir noch durch ein paar weitere Strassen dieser anderen Welt.





Wirklich, es ist eine abgetrennte WELT, die ueberhaupt nicht zu dem passt, was ich sonst von den Philippinen gesehen habe. Manche solcher Luxuswohngebiete wollen den europaeischen Wohnstil imitieren und werben mit „Wohne in der Schweiz, gleich nebenan!“. Das „nebenan“ wird auch hier auf zynische Weise deutlich: Gleich neben den Villen ist ein Gebiet der Armen. Ein Kollege erzaehlt mir, dass der Besitzer von „Cross Winds“, dem auch jenes Armenviertel gehoert, jenen Bewohnern ein paar Monate Zeit gibt, um ihre Huetten zu raeumen, damit er dort weiter ausbauen kann ...
Wir verlassen diese Welt und begeben uns mit einem Tricycle (Motorrad mit Beiwagen) in die Barrios. Dieses Besuchen der Barrios ist ein woechentliches Ereignis, das dazu dient, bei den Leuten/Familien, die von Pag-asa unterstuetzt werden, mal vorbei zu schauen und zu klaeren, ob alles in Ordnung ist. Wir Gen begleiten den Angestellten, auch um praesent zu sein. Das Wetter ist immer noch schoen und iwie erlebe ich diesen Moment seltsam klar, scharf und intensiv. Die Farben sind kraeftig. Waehrend wir auf die anderen warten, bekomme ich den ersten Einblick in ein Haus: Es ist alles ziemlich offen, Gardinen dienen als Tueren, ein Wellblech ist das Dach und alles ist iwie selbst gemacht und repariert. Jemand bekommt gerade einen Haarschnitt; eine Frau ist hochschwanger. Auch das hier ist (fuer mich) eine andere Welt, aber anders als die erste. Wir gehen die Pfade zu den Hausern entlang und ich versuche die ganzen Eindruecke in mich aufzusaugen, es gibt viel Neues, ich kann gar nicht alles aufnehmen. Es laufen Hunde, Katzen und Huehner herum. Wir besuchen acht Familien, die vielen Kinder sind suess und schauen uns schuechtern, zuruecklaechelnd an. Wir kaufen uns etwas „merienda“, von den Kiosks, die es hier an jeder zweiten Ecke gibt. Auf dem Rueckweg gehen wir an der Huette vorbei, die der Familie einer Gen aus Tagaytay gehoert, die wir immer zur Messe sehen.

















Auf dem Rueckweg sehen wir die Mauer zu "Cross Winds":


Am Donnerstagabend haben wir mit dem Gen-Assi eine lange Runde der Farben und wir beschliessen, am Samstag eine „Stunde der Wahrheit“ zu machen. Danach bereiten wir noch einen Sketch fuer die Verabschiedung der Vietnamesen vor.